< Blog Home 6. Oktober 2023
Unser Naturgarten hat nun eine simulierte Geilstelle. Aber was ist das eigentlich? Als Geilstelle werden auf Weiden Bereiche bezeichnet, in denen Weidetiere wie Rinder oder Pferde bevorzugt ihren Dung absetzten. Macht völlig Sinn, kein Tier möchte die eigene Nahrung verunreinigen.
Ein Naturgarten braucht ein Vorbild, an dem er sich orientieren kann. Unser Vorbild ist die „Wildnis“ in einer Zeit, als noch große Pflanzenfresser wie Wildrinder oder Wildpferde artenreiche, lichtdurchflutete Halboffenlandschaften gestalteten und noch nicht vom Mensch auf die Weide oder in den Stall gesperrt wurden.
Heute wird eine extensive(!) Beweidung (weniger als eine GVE = Großvieheinheit - also Rind oder Pferd - je zwei Hektar) als vielfältige und äußerst effektive Naturschutzmaßnahme gesehen. Durch diese Form der Beweidung wird der Sukzession durch Verbuschung und Verwaldung entgegengewirkt, die Artenvielfalt gewinnt enorm. Hierzu gibt es gut dokumentierte Beispiele, z.B. die Dörberitzer Heide der Heinz-Sielmann-Stiftung.
Nein, auf unseren Naturgarten mit ca. 3.100 qm bezogen würde eine extensive Beweidung maximal ein Sechstel Rind bedeuten. Nachdem Rinder soziale Tiere sind und wir keine Tierquäler sein möchten, würden wir dann zwei Zwölftel-Rinder benötigen. Ok, das klappt nicht. Also haben wir in unser Mahdkonzept eine Beweidungssimulation eingebaut, in dessen Rahmen wir u.a. über die Vegetationszeit von Mai bis September verteilt immer wieder etwas Pflanzenmaterial entnehmen, eine Kuh frisst ja auch nicht eine ganze Wiese auf einmal.
Bild: Gelbe Dungfliege, Titelbild ganz oben: Simulierte Geilstelle, Naturgarten Langenau
Was aber noch fehlte, war der Dung - und hier kommt die Geilstelle ins Spiel: Der Dung ist Lebensgrundlage für Käfer, Fliegenarten, Milben, Springschwänze, Regewürmer und vieles mehr. Alleine über 100 heimische Käferarten leben im oder vom Dung. Die Larven der Gelbe Dungfliege (Bild oben) ernähren sich von anderen Insektenlarven im Dung. Auch Bienen und Schmetterlinge nehmen an Dunghaufen gerne Mineralstoffe auf.
Wir haben ein Pferd und ein Muli, die etwa einen Kilometer von unserem Garten untergebracht sind. Und die sorgen für den Dung. In der Praxis sieht das in etwa so aus: Alle 2-3 Wochen versorgen wir die Geilstelle mit etwa 30 kg frischem Dung. Wir achten darauf, dass die letzte Wurmkur immer über drei Monate zurückliegt, denn Biozide unterscheiden nicht zwischen Käfern und parasitierenden Würmern.
Ob Menge und Zyklus optimal sind, wird die Erfahrung zeigen. Wir wissen, dass z.B. ein frischer, feuchter Dunghaufen für viele Käfer zugänglicher ist, als ausgetrockneter Dung. Auch wird noch warmer Dung von manchen Insekten eher angenommen. Wir hoffen, dass die Simulation einer Geilstelle die Artenvielfalt in unsere Naturgarten weiter bereichern wird, auch wenn es sich nicht um einen "Realbetrieb" handelt. Spätestens im nächsten Herbst wissen wir mehr ...
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